Schlechte Luftwerte im Stadtzentrum: Eupen greift zur Umweltplakette

Mobilität

Die Luft ist rein –das gilt in der Eupener Innenstadt zu den Stoßzeiten häufig nicht. Die Rathausverantwortlichen wollen nun reagieren und orientieren sich am Vorbild deutscher Städte. Ab 2020 soll die Einführung einer Umweltzone mitsamt Feinstaubplakette helfen, das Problem in den Griff zu bekommen.

Von Martin Klever

Noch vor wenigen Tagen hatte die CSP-Opposition kritisiert, der Eupener Stadtratsmehrheit fehle ein „grüner Faden“. Flugs folgt nun zumindest im Bereich der Luftsauberkeit ein Konter. „Nein, mit den Aussagen der CSP hat unser Vorstoß nichts zu tun. Auf gute und grüne Ideen kommen wir schon noch ganz alleine“, versichert Claudia Niessen dem GrenzEcho. Zudem habe man sich schon länger mit dem Thema Innenstadtverkehr beschäftigt und lediglich auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um es anzugehen.

Luftwertmessungen bestätigen deutlich erhöhte Belastung zu den Stoßzeiten.

Wieso ist aber ausgerechnet jetzt der geeignete Moment gekommen, um Eupen verkehrstechnisch neu aufzustellen? „Weil uns endlich fundiertes wissenschaftliches Zahlenmaterial vorliegt, das unsere Befürchtungen bestätigt“, sagt die Bürgermeisterin –und verweist auf das jüngst gestartete wallonische Pilotprojekt, in dessen Rahmen flächendeckend Luftmessungen auf dem Eupener Stadtgebiet durchgeführt werden. Demnach registrierten die Messgeräte bereits in den ersten Wochen nach der Installation zu den klassischen Stoßzeiten eine erheblich stärkere Feinstaubbelastung als im restlichen Verlauf des Tages. Vor allem vor den Schulen sowie an den stark frequentierten Zufahrtsstraßen und im Stadtzentrum schnellten die Schadstoffwerte laut diesen jüngsten Erhebungen zur „Rush Hour“ deutlich in die Höhe.

Das Gemeindekollegium will dieses Problem auf unterschiedliche Weise angehen. Die markanteste Veränderung dürfte dabei in der Einrichtung einer Umweltzone mitsamt Einführung einer grünen Umweltplakette nach deutschem Vorbild liegen. „Ob das Ganze jetzt Umweltzone bzw. Umweltplakette heißen wird, ist noch nicht endgültig geklärt. In meinen Augen ist der Name aber auch nicht so wichtig. Es kommt auf den Impakt dieser Maßnahmen an“, sagt Bürgermeisterin Claudia Niessen. Sie verspricht sich von dieser Maßnahme eine „Entblechung“ der Innenstadt und einen deutlich geringeren Durchgangsverkehr im Stadtzentrum.

Als Startschuss für diese Umstellung mit weitreichenden Folgen wird der 1. Januar 2020 angepeilt. Diese Vorlaufzeit sei zwingend notwendig, um alle administrativen Hürden zu überspringen und infrastrukturelle Anpassungen vorzunehmen. „Und natürlich werden wir unsere Bürger rechtzeitig und umfassend über diese Maßnahmen aufklären“, betont die Ecolo-Politikerin.

Dass sie und ihre Kollegen sich bei diesen Informationsveranstaltungen einiges anhören dürften, ist Claudia Niessen bewusst. „Damit können und müssen wir leben“, sagt sie schulterzuckend. Und schiebt hinterher: „Unsere Maßnahmen werden sicherlich bei manchen Teilen der Bevölkerung keine Jubelstürme auslösen, aber sie sind nötig, wenn wir dauerhaft die Luftqualität in der Stadt und damit die Gesundheit der Eupener nicht gefährden wollen.“

Die geplante Eupener Umweltzone umfasst weite Teile des Zentrums und wird umringt von den großen Verkehrsachsen der Stadt. | Foto: GrenzEcho

Eine gute Nachricht für alle Eupener, die nun Mehrkosten befürchten: Wessen Fahrzeug den Ansprüchen an eine Umweltplakette (Euro-Klasse 4) entspricht, muss hierfür nicht bezahlen. Die Kosten in Höhe von fünf Euro, die alle Auswärtigen für den Erhalt der Feinstaubplakette zahlen müssen, fällt für die Bewohner der DG-Hauptstadt weg. „Wahrscheinlich werden wir die Plaketten für die Eupener einfach am Einwohnermeldeamt ausgeben lassen“, so die Bürgermeisterin. Für alle Nicht-Eupener werden unterdessen mehrere Anlaufstellen ausgewiesen, an denen diese „ihre“ Plakette erwerben können. Das Wetzlarbad-Motto „Eupen first“ wird somit von den Stadtverantwortlichen künftig auch im Bereich Umweltschutz angewendet.

Bürgermeisterin Claudia Niessen: „Unsere Maßnahmen werden sicherlich bei manchen Teilen der Bevölkerung keine Jubelstürme auslösen, aber sie sind nötig.“

Die Fläche der Eupener Umweltzone ist derweil schon klar umrissen (siehe Karte). „Die haben wir mit der Verwaltung so ausgearbeitet und darauf geachtet, dass alle besonders stark frequentierten Abschnitte Berücksichtigung finden“, erklärt die Bürgermeisterin wohlwissend, dass in den kommenden Wochen und Monaten noch einige Anpassungen vorgenommen werden könnten. Und so viel steht bereits fest: Wer ab 2020 ohne Umweltplakette die Innenstadt ansteuert, muss mit einer Strafe in Höhe von 100 Euro zuzüglich Verwaltungsgebühren rechnen. Kontrolliert werden soll die Einhaltung von den städtischen Parkwächtern.

Die Sorge, dass durch die Einrichtung der Umweltzone Besucher und Touristen fernbleiben könnten, hegt das Stadtoberhaupt nicht: „Ich denke, eher das Gegenteil wird der Fall sein. Die Leute werden gerade nach Eupen kommen, weil hier der Autoverkehr in der City nicht mehr überhandnimmt.“ Sich selbst will Eupens erste grüne Bürgermeisterin an dieser weitreichenden Verkehrsmaßnahme messen lassen. „Wer von diesem Schritt auch in einigen Jahren nicht überzeugt sein wird, braucht mich ja 2024 nicht mehr zu wählen“, so Claudia Niessen.

Eupens Mobilitätsschöffe Michael Scholl wollte derweil zu den Plänen keine Stellung beziehen. „Ich sage dazu lieber nichts, als mich nachher um Kopf und Kragen zu reden“, so der PFF-Politiker vielsagend. Damit dürfte klar sein, dass die Idee zur Einführung von Umweltzone und -plakette nicht aus dem liberalen Lager kommt. Dort hatte man wohl gehofft, den grünen Koalitionspartner mit der jüngsten Resolution zu einer plastikfreien Stadtverwaltung besänftigen zu können. Eine Fehleinschätzung, wie sich nun herausstellt.

Detailliertere Informationen zu den Luftmessungen sollen am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt werden.

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